Soviele Menschen, wie von der Kirche immer überall „abgeholt“ werden, erzeugen den Eindruck, dass die Kirche fast schon zu einem kleinen Transportunternehmen wird.
„Abholen, wo sich die Menschen befinden“ und dann ab an einen ganz anderen, fremden Ort, der von der Lebenswirklichkeit der Menschen separiert ist. Los geht die Reise.
Weniger polemisch hat Kristian Fechtner diesen Ausdruck und zu kritisierenden Gedankengang im Hinblick auf Kasualien gedeutet:
In Predigthilfen oder Gestaltungsbüchern zur Kasualpraxis (wird) wohlmeinend eingeschärft, man möge diejenigen, die sie betreffen soll, „dort abholen, wo sie sich befinden“. Das Stichwort Abholen zeigt, wie problematisch eine solche Veräußerlichung des Kasus ist: Die Situation, der Anlass erscheint als ein Ort, an dem jemand abgeholt und aus dem er oder sie – in Predigt und gottesdienstlicher Feier, in seelsorgerlicher Begleitung oder katechetischer Unterweisung – herausgeführt wird. Die praktisch-theologische Herausforderung kirchlicher Kasualpraxis besteht, aber gerade nicht darin, die Situation theologisch hinter sich zu lassen, sondern in sie einzutreten und sie perspektivisch, gleichsam von innen aus den mit ihr verbundenen Erfahrungen heraus, zu öffnen. Nur in dieser Weise bleiben die Kasualien konstitutiv bezogen auf eine einmalige und einzigartige Situation.
(Kristian Fechtner in: Kirche von Fall zu Fall, S. 22.)
Vielleicht ist das Problem nicht, dass die Leute abgeholt werden sollen, sondern eher, dass wir nicht da sind, wo sie Leben. Nicht die anderen sind an einem falschen Ort, sondern wir.
Gekommen, um zu bleiben.
Gekommen Um Zu Bleiben by Wir Sind Helden on tape.tv.